 |

Startseite
Über
uns
Orte
>Berlin
· Friedrichsfelde
· Berlin-Mitte
· Rennbahn Karlshorst
· Villenkolonie Karlshorst
· Rahnsdorf und Wilhelmshagen
>Brandenburg
· Milow
· Dahlwitz · Rennbahn Hoppegarten
· Kade
· Altenplathow
· Weissagk
· Klinge
>Mecklenburg-Vorpommern
· Gothen, Heringsdorf, Ahlbeck
· Augustenhof
>Thüringen
· Antonienhöhe bei Ilmenau
>Polen, Region Posen
(Województwo Wielkopolski)
· Owinska
(Owinsk, Treskau)
· Radojewo
(Raden)
· Chludowo
(Truppenfeld)
· Biedrusko
(Weissenburg,
Warthelager)
· Bolechowo
(Bernau)
· Wierzonka
(Waldhof)
· Murowana Goslin
· Budzischewo (Buschdorf)
· Nieszawa
(Nieschawa)
· Morasko
(Nordheim)
· Strykowo
(Ährensee)
· Wronczyn
(Krähwinkel)
· Lechlin
>Polen, Region Kutno
(Województwo Lodz)
· Chodowo
· Strzelce
· Domanikowo
>Polen, Riesengebirge
(Województwo Dolnoslaskie)
· Sady
Dolne (Nieder-Baumgarten)
· Pietrzykow (Hohen-Petersdorf)
>Polen, Region Bromberg
(Województwo Kujawski-
Pomorskiee)
· Grocholin (Jürgensburg)
>Polen, Region Lebus
(Województwo Lubuskie)
· Skwierzyna
Nowy Dwor (Neuhaus)
>Polen, Region Lublin
(Województwo Lubelskie)
· Zakrzewo
>Polen, Region Westpommern
(Województwo Zachodniopomorskie)
· Gizyn (Giesenbrügge)
>Polen, Region Niederschlesien
(Województwo Lubuskie)
· Vogelsberg, Nowa Sól
>Österreich, Oberöstereich
· Schloss Klaus im Steyrtal
>Frankreich, Département Haute-Savoie
· Chateau Livron
Personen
Kontakt
Mitglieder
Impressum
Datenschutz
|
 |
  |

Orte > Owinsk (1797-1945)
Die
preussische Herrschaft Owinsk bestand aus den Ländereien des 1252
begründeten mächtigen Zisterzienserinnenklosters Owinska, die
1793 nach der zweiten polnischen Teilung konfisziert wurden und 1797 an
Otto Sigismund v. Treskow (1756-1825) fielen. Treskow hatte die 12.000
Hektar grossen Owinsker Güter unmittelbar nach seinen erfolgreichen
Finanzgeschäften mit dem französischen Direktorium durch
Vermittlung des Ministers v. Bischoffwerder als Dotation erhalten,
allerdings musste er den jährlichen Unterhalt für das Kloster
aus seinen Einnahmen bestreiten. Zur Finanzierung der Baukosten für
das neue Palais in Höhe von 100.000 Taler legte Treskow festverzinsliche
Hypothekenschuldscheine auf, die ein gutes Geschäft in unruhigen
Zeiten versprachen: Wilhelm v. Humboldt investierte allein 38.000 Taler.
Ab 1801 werden neue Guts- und Wirtschaftsgebäude errichtet, 1804-1806
entsteht das neue Schloss nach Plänen von Louis Catel und Karl
Friedrich Schinkel. Charakteristisch für den Bau sind die Grundformen
des gemeinsamen Lehrers David Gilly: die schlichte Fassadengliederung
entspricht Gillys Ausführung von Schloss Paretz (1796), die eingeschossigen
Seitenflügel hatte Gilly auch für die Schlösser Steinhöfel
(1795) und Gütergotz (1804) konzipiert. Von dem vor allem als
Innenarchitekt tätigen Catel stammen in Owinsk die Pläne
für das Vestibül und den Gartensaal, Schinkel vergrösserte
das Projekt und entwarf den Mittelrisalit mit Säulenvorbau.
|
 |
Louis Catel, Berlin 1804: Entwurf für Owinsk, © Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr. VII 60/701 |
Eine Besonderheit ist der Entwurf für den Festsaal in Owinsk, der 1804 in Berlin gezeichnet wurde: Louis Catel hatte bis Herbst 1803 Heinrich Gentz bei der Ausgestaltung des Festsaals im Neuen Schloss Weimar assistiert und 1803-1804 ein Etruskisches Kabinett für das Potsdamer Stadtschloss entworfen: beide Räume zeigen deutliche Ähnlichkeiten zu dem Entwurf für den Festsaal in Owinsk, der 1804/1805 nahezu ohne Abstriche umgesetzt wurde. Der ambitionierte Architekturraum mit geometrischem Intarsienparkett und estruskischen Stilelementen setzte vor allem auf die Raumwirkung des hochpolierten farbigen Stuckmarmors, der in der Berliner „musivischen Fabrik“ der Brüder Louis und Franz Catel hergestellt wurde. Charakteristisch sind auch die etruskischen Vasen aus schwerem Steingut - ebenfalls Produkte der musivischen Fabrik - und die Öfen aus der Berliner Fabrik Höhler, für die Catel und Schinkel gleichermaßen Entwürfe geliefert hatten. Die pompejianischen Kandelaber aus Eisenkunstguss gleichen wiederum Modellen, die Schinkel schon seit 1801 entworfen hatte. Es kommt einer kleinen Sensation gleich, daß dieses lange verschollene Blatt im Januar 2018 in einem Konvolut der Stiftung Stadtmuseum Berlin sichergestellt und zugeschrieben konnte. Ein besonderer Dank hierfür gilt Heidi Börner von der Grafischen Sammlung des Stadtmuseums Berlin. |
 |
 |
Nicht alle Pläne
konnten vor dem politischen Zusammenbruch des Jahres 1806 realisiert
werden: Der ursprünglich von Schinkel konzipierte Park, der sich
auf beiden Seiten des Hauses erstreckte und bis an das Ufer die Warthe
reichte, blieb unvollendet, ebenso ein Gartenpavillon und ein Pharus
an der Warthe. Joseph Peter Lenné überarbeite den Park
von Owinsk und Radojewo in den 1820er Jahren, auch Schinkel setzte
sein Werk um 1830 fort und entwarf neue Geländer und Deckenbemalungen.
Schloss und Park bildeten eine Einheit mit den in Gilly’schen
Grundformen errichteten Gutsgebäuden, den barocken Klosterbauten
des Italieners Pompeo Ferrari und dem auf einer Anhöhe gelegenen
Gut Radojewo am anderen Wartheufer.
|
 |
Otto Sigismund
v. Treskow stellte 1801-1811 den späteren Büroleiter Hardenbergs,
Karl Gottlieb Heun, als Generalverwalter der Owinsker Güter ein.
Heun ist unter dem Pseudonym Heinrich Clauren als Publizist und Schriftsteller
bekannt geworden, von ihm stammte 1813 das patriotische Lied „Der
König rief, und alle, alle kamen!“. Bereits von Owinsk aus
war er Mitherausgeber der „Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung“.
Als Owinsker Hauslehrer wurde 1811 der Großvater Max Webers eingestellt,
Georg Friedrich Fallenstein (1790-1853), einer der produktivsten Mitarbeiter
des Grimm´schen Wörterbuchs. Theodor Fontane widmete Owinsk
in seinem Roman „Mathilde Möhring“ eine Passage und
nannte es „ein Nest, natürlich, und wenn man aufgestanden
ist, kann man auch schon wieder zu Bette gehn, ... aber ein Gutes hat
solch Nest doch, man hat Muße, man kann seinen paar Gedanken
nachhängen, wenn man welche hat“. Dennoch kam ab und an
die große Welt zu Besuch: Napoleon, der preussische Statthalter
Fürst Radziwill mit seiner Frau Luise und der Kronprinz Friedrich
Wilhelm IV. waren nur einige, die in Owinsk Station machten. Neben
der Architektur und der Parkanlage gab es hier auch eine moderne Landwirtschaft
zu bestaunen, die gemeinsam mit dem Reformer Albrecht Daniel Thaer
aufgebaut worden war. Der Gutsherr hielt sich allerdings mehr in Paris
und Berlin auf, er gab Owinsk zunächst seinen Söhnen Carl
und Wilhelm zur Pacht. Endgültiger Besitzer wurde 1828 der jüngste
Sohn, Otto Sigismund (1793-1855). Dessen Enkel Walter v. Treskow (1874-1928)
hinterliess Owinsk 1928 seiner Witwe Jone v. Treskow (1892-1975), die
das nach verschiedene Erbteilungen noch immer 2500 Hektar große
Gut mit Hilfe ihres Bruders Otto Roth (1896-1945) bis 1945 bewirtschaftete.
Ihre drei Söhne waren 1941 und 1942 in Russland gefallen. Frauen
und Kinder der Familie treckten im Januar 1945 über Dessau und
Köthen nach Quedlinburg und Göttingen.
|
 |
Mit dem im Mai
1943 in Treskau umbenannten Ort Owinsk verbindet sich auch die Erinnerung
an furchtbare Grausamkeiten. Unmittelbar nach Kriegsbeginn, im September
und Oktober 1939, wurden die über 1100 Insassen der im ehemaligen
Zisterzienserinnenkloster untergebrachten Nervenheilanstalt deportiert
und umgebracht. Die SS benutzte hierzu erstmals Gaswagen, in denen
die Patienten mit Kohlenmonoxyd vergiftet wurden. In die zur Kaserne
deklarierte Anstalt unmittelbar neben der Schlossanlage zog 1941-1942
zunächst das dänische SS-Freikorps Danmark und 1942-1945
die SS-Junkerschule Posen-Treskau ein. Schon im September 1939 trieb
die SS polnische Männer und Juden in der Umgegend zu Massenerschiessungen
zusammen. Anfang Sepember 1939 wurden in der benachbarten Ortschaft
Pobiedziska alle Männer zwischen 18 und 40 verschleppt und im Wald
von Wierzonka erschossen. Ab 1943 gehörte zur SS-Kaserne Posen-Treskau
auch das Konzentrationslager Treskau, eines der vielen Aussenlager
des KZ Gross-Rosen. Die hier internierten Männer wurden in der
Landwirtschaft auf den umliegenen Gütern eingesetzt. Ende Januar
1945 wurden die Insassen des KZ Treskau evakuiert und auf einen Todesmarsch
in das KZ Sachsenhausen bei Berlin geschickt. Nichts erinnert heute
vor Ort an dieses letzte Kapitel der langen deutsch-polnischer Geschichte
in Posen.
|
 |
Nach 1945 wurde
die Grundschule des Ortes im Schloss untergebracht. Anlässlich
des Schinkel-Jubiläums 1985 investierte der polnische Denkmalschutz
in eine Restaurierung der Deckengemälde, in ein neues Dach und eine
neue Aussenfassade. Sogar eine nächtliche Illumination wurde installiert.
Selbst nach dem Auszug der Schule waren zumindest die Seitenflügel
des Schlosses bis Ende der 1990er Jahre bewohnt. Der Niedergang der Anlage
erfolgte erst durch die Privatisierung und mehrere anonyme Besitzerwechsel
in der Zeit 2000-2004: Vandalismus und Diebstahl setzten dem Schloss
sehr zu. Schliesslich schalte sich das polnische Fernsehen, die Frankfurter
Allgemeine Zeitung, die polnische Botschaft in Berlin und das Kultusministerium
in Warschau ein. Erst nach der Privatinitiative des deutschen Unternehmers
Claus Queck aus Düren, der im benachbarten Czerwonak die Papierfabrik
eines Vaters wiederaufgebaut hatte, fand sich ein Konsortium zur vorläufigen
Rettung der Anlage. Seither gibt es Gemeindefeste und Mozartopern im
Park von Owinsk zu bestaunen. Deutsche Gäste waren hierbei immer
willkommen. Eines der beiden Torhäuser konnte bereits 2005 mit EU-Fördermitteln
denkmalgerecht saniert werden.
|
 |
 |
 |
Karl Friedrich Schinkel, Entwurf eines Gartentempels für Owinsk, 1805, © Kupferstichkabinett Staatliche Museen Berlin Ident. Nr. SM 15b 124 |
 |
Karl Friedrich Schinkel, Entwurf eines Pharos für den Park in Owinsk 1805, © Kupferstichkabinett Staatliche Museen Berlin Ident. Nr. SM 15b 123 |


|