|
Startseite
Über
uns
Orte
>Berlin
· Friedrichsfelde
· Berlin-Mitte
· Rennbahn Karlshorst
· Villenkolonie Karlshorst
· Rahnsdorf und Wilhelmshagen
>Brandenburg
· Milow
· Dahlwitz · Rennbahn Hoppegarten
· Kade
· Altenplathow
· Weissagk
· Klinge
>Mecklenburg-Vorpommern
· Gothen, Heringsdorf, Ahlbeck
· Augustenhof
>Thüringen
· Antonienhöhe bei Ilmenau
>Polen, Region Posen
(Województwo Wielkopolski)
· Owinska
(Owinsk, Treskau)
· Radojewo
(Raden)
· Chludowo
(Truppenfeld)
· Biedrusko
(Weissenburg,
Warthelager)
· Bolechowo
(Bernau)
· Wierzonka
(Waldhof)
· Murowana Goslin
· Budzischewo (Buschdorf)
· Nieszawa
(Nieschawa)
· Morasko
(Nordheim)
· Strykowo
(Ährensee)
· Wronczyn
(Krähwinkel)
· Lechlin
>Polen, Region Kutno
(Województwo Lodz)
· Chodowo
· Strzelce
· Domanikowo
>Polen, Riesengebirge
(Województwo Dolnoslaskie)
· Sady
Dolne (Nieder-Baumgarten)
· Pietrzykow (Hohen-Petersdorf)
>Polen, Region Bromberg
(Województwo Kujawski-
Pomorskiee)
· Grocholin (Jürgensburg)
>Polen, Region Lebus
(Województwo Lubuskie)
· Skwierzyna
Nowy Dwor (Neuhaus)
>Polen, Region Lublin
(Województwo Lubelskie)
· Zakrzewo
>Polen, Region Westpommern
(Województwo Zachodniopomorskie)
· Gizyn (Giesenbrügge)
>Polen, Region Niederschlesien
(Województwo Lubuskie)
· Vogelsberg, Nowa Sól
>Österreich, Oberöstereich
· Schloss Klaus im Steyrtal
>Frankreich, Département Haute-Savoie
· Chateau Livron
Personen
Kontakt
Mitglieder
Impressum
Datenschutz
|
|
|
Orte > Friedrichsfelde (1816-1945)
|
Die
Geschichte des Schlosses Friedrichsfelde von seinen holländischen
Anfängen bis zum Ende des zweiten Weltkrieges umspannt 260 Jahre
preußischer Geschichte. Die ersten 130 Jahre hat Fontane in
seinem Band „Spreeland“ der Wanderungen beschrieben -
Friedrichsfelde als Jagdrevier des Großen Kurfürsten,
als Lustschloß des Prinzen Ferdinand, als Elternhaus des Prinzen
Louis Ferdinand und der Fürstin Luise Radziwill, schließlich
als Musenhof der der Herzöge von Kurland und der Herzogin von
Holstein-Beck. Das Schloß in Friedrichsfelde war immer präsent
in der Geschichte der Hohenzollern, alle preußischen Könige
haben hier mehr oder weniger viel Zeit verbracht.
Auch dem Gutsherrn Carl
v. Treskow (1787-1846), der Friedrichsfelde 1816 aus dem Besitz der
russischen Fürsten Bariatinski erworben hatte, widmete Fontane
viele Seiten. Carl hatte seit 1803 die Güter in Owinsk bewirtschaftet
und sich 1812 mit seinem Vater derart überworfen, dass er Owinsk
den Rücken kehrte und stattdessen das Gut Kade in der Mark erwarb.
Das Vermögen seiner Frau Julie Jouanne und des Großvaters
Benjamin George ermöglichte dem enterbten Sohn den Ankauf der
Gutsherrschaft Friedrichsfelde, die er in den folgenden Jahrzehnten
zu einem hochmodernen landwirtschaftlichen Betrieb ausbaute. Zur
Seite stand ihm dabei der preußische Landwirtschaftsreformer
Albrecht Thaer, mit dem er 1826 eine Landschule einrichtete, in der
Jugendliche die neuesten Methoden des Gartenbaus und der Felderbestellung
erlernen konnten. Die pädagogischen Ideen hierzu stammten von
Pestalozzis Schüler Emanuel v. Fellenberg, dessen Reformschule
im Schweizer Yverdon Carl v. Treskow 1824 selbst besichtigt hatte. |
Der Zauber
des historischen Orts Friedrichsfelde blieb bei aller Modernisierung
der Landwirtschaft erhalten, und durch seine prominente Lage am östlichen
Ende Berlins blieb Friedrichsfelde immer auch ein beliebter Ausflugsort.
Theodor Fontane beschrieb das „Charlottenburg des Ostends“ mit
einem abschließenden Seufzer: „
Eine Parkwiese voll blühender
Linden, zwischen den Kronen ein Streifen blauer Himmel und an dem
Himmelsstreifen ein Volk weißer Tauben, das, die letzten Sonnenstrahlen
einsaugend, sich oben in den Lüften wiegt. Die nahe Hauptstadt
samt ihrem Lärm, wir empfinden sie wie hundert Meilen weit.
Hier ist Friede!“.
Schloss Friedrichfelde war immer ein Bezugspunkt für die ganze Familie,
ein Ort für Taufen, Feste und Familientage. Auf dem heute noch bestehenden
Familienfriedhof sind bis 1945 viele Verwandte beigesetzt worden. Die
letzte Besitzer, Sigismund v. Treskow, hatte den Besitz im Kaiserreich
in einen unteilbaren Fideikommis umgewandelt. Sein Neffe Eckardt v. Naso,
Chefdramaturg unter Gustaf Gründgens am Schauspielhaus, beschrieb
in seinen Lebenserinnerungen den Zustand des Hauses kurz vor dem ersten
Weltkrieg: „Vielleicht waren es die ungewöhnlich harmonischen
Maße der Innenarchitektur, die jedem Zimmer die Anmut eines Saales,
und dem Saal wiederum die Gemütlichkeit eines Zimmers gaben. Vielleicht
war es der Duft der vielen Blumen, die überall in Vasen geordnet
standen, prangend in ihrer Fülle und eigentlich unsichtbar, wie
die Standuhren des Empire, die Spiegel, Schränke und Kommoden aus
edelstem Holz. Man sah sie und man sah sie nicht. Sie alle gingen in
ein Ganzes über, in eine bewohne Gesamtheit, die so mühelos
in sich geeint war, daß man die Teile nicht mehr wahrnahm ... An
Wochentagen ... , in den Stunden des Vormittags und Abends, schienen
Haus und Park wie in einem Märchenschlaf verzaubert. Man vernahm
keinen Laut. Die Wirtschaftsgebäude, Remisen und Ställe lagen
weit ab. Das Schloß selbst schwieg. Es war so still, daß man
das Ticken der großen Uhren aus den Zimmern bis in den Treppenflur
hören konnte ... Die Uhren tickten, die Zeit lief. Sie lief
furchtbar schnell, den Kriegen entgegen, dem Untergang, der Zerstörung
zu. Noch spürte man sie nicht. Sie schien still zu stehen. Zwischen
Zukünftigem und Vergangenem ruhte die Gegenwart in sich selbst.“
|
Im
Januar 1945 wurde Friedrichsfelde Durchgangsstation für die
Flüchtlingstrecks der Familie aus dem Osten. Im Keller des Schlosses
wurde ein Luftschutzraum eingerichtet. Eine Schilderung dieser Tage
gibt es von Eva v. Rosen, der Frau des Neffen und Adoptivsohns Hans
v. Rosen, die Anfang Januar 1945 allein mit sechs Kindern von Grocholin
nach Friedrichsfelde aufgebrochen war:
„
31. Januar 1945. Gegen 17 Uhr sind wir in Bernau, noch bis Friedrichsfelde
zu fahren ist unmöglich. Die Pferde sind müde ... Ich melde
uns telefonisch bei Onkel Münte an, dann fahren wir schnell und
bequem mit der S-Bahn nach Friedrichsfelde ... Ich bin dankbar, dass
wir heute nicht an fremden Türen um Aufnahme bitten müssen.
Hier sind wir keine namenlose Flüchtlinge, hier sind wir halb zu
Hause, der Tisch ist auch für uns gedeckt ... (Der Diener) Kurt
serviert, (auch) wenn es nur ein paar Wurstscheiben sind, die er auf
silberner Platte herumreicht. Der gepflegte, herrschaftliche Stil wird
bewahrt. ... Ich bin froh, als ich endlich auch schlafen gehen kann.
Unsere drei Kleinen schlafen so friedlich in ihren Betten. Dankbarkeit
gegen Gott, der uns bis hierher gnädig geführt hat, erfüllt
mein Herz. Ihm will ich uns weiterhin anvertrauen. Ich bin kaum eingeschlafen
... da heulen die Sirenen: Fliegeralarm! ... Ich nehme die schlafenden
Kinder auf den Arm und wir eilen alle hinunter in den Luftschutzkeller.
Der ist gut hergerichtet, rundherum Bänke an den Wänden, in
der Mitte, an einem Pfeiler, steht der Armsessel für Onkel Münte,
den „Fürsten von Friedrichsfelde“. Eine Menge Menschen
strömt herein, die alle zum Schloß gehören. Da sitzen
wir nun ohnmächtig im Keller undhören rundherum die Bomben
detonieren. Ein schauderhaftes Gefühl, wehrlos den Bomben ausgeliefert
zu sein ... Die Luftangriffe sind mir unheimlich, noch unheimlicher aber
ist der wieder stärker zu hörende Kanonendonner, der heute
... so stark ist, dass die Fensterscheiben klirren. Die Russen belagern
Küstrin ... Onkel Münte ist achtzig Jahre alt. Ein Leben lang
hat er sich bemüht, ein guter Sachwalter seines ererbten Besitzes
zu sein ... Nun muß er am Ende seines Lebens erleben, wie diese
seine Welt zusammenbricht ... Früh am anderen Morgen verabschieden
wir uns (von ihm) ... Eine ungewisse, fremde Zukunft liegt vor uns. Der
Tag ist so schön, die Sonne scheint, eine Ahnung von Frühling
liegt in der Luft. Das Leben könnte so schön sein, wenn der
Mensch nicht Schrecken und Tod verbreitete.“
Im Mai 1945 musste Sigismund v. Treskow Schloss Friedrichsfelde verlassen,
er starb wenige Tage später und wurde noch auf dem Familienfriedhof
beigesetzt. Der Übergang in die Neue Zeit kam nahtlos. Noch im Mai
1945 wurde Schloss Friedrichsfelde der selbständigen Trophäenkompanie
der V. Armee zugewiesen. Ende Mai 1945 richtete das Komitee für
Kunstangelegenheiten bei dem Rat der Volkskommissare der UdSSR hier ein
Depot ein: die beschlagnahmten Kunstschätze aus Berliner Museen
wurden nach Friedrichsfelde gebracht, katalogisiert, verpackt, und auf
die Reise nach Moskau geschickt. Als das Depot im September 1945 aufgelöst
wurde, waren auch die wertvollsten Stücke des Schlossinventars verschwunden:
1000 Bände Literatur in Ausgaben des 18. und 19. Jahrhunderts, 27
Bilder (darunter vier von Schinkel), Gravuren, Glas, Möbel,
Silber, verpackt in 15 Kisten, die einen halben Eisenwahnwaggon füllten.
Zusammen mit dem Inventar der geplünderten Slowakischen Mission
in der Eichenstraße brachte es die Fracht auf das Gewicht von 8,5
Tonnen. Sie wurden mit geheimen Frachtbrief am 22. Juli 1945 mit dem
Militärzug Nr. 177 auf die Reise nach Moskau geschickt.
|
Einzelne
Inventarstücke verblieben immerhin am Ort. Charlotte v. Mahlsdorf
behauptet in ihren Memoiren, sie habe 1946 in mehreren Räumen
des Schlosses Möbel deponiert. 1947 begann der Ausbau des Schlosses
zu einem Erholungsheim für Bauarbeiter. Die Frontgiebel des
Hauses wurden hierzu abgetragen, um Platz für zusätzliche
Mansardenfenster zu schaffen. Als Baumaterial diente das sog. Gotische
Haus aus der Zeit um 1800, das an der Stelle des heutigen Lenné-Tempels
stand. Es hatte den Krieg unbeschadet überstanden und wurde
nun abgerissen. Der Park verwilderte, es entstanden Sportstätten
und ein Fußballplatz. Ein Konzept zur Wiederherstellung der
Gesamtanlage wurde erst 1954 mit der Eröffnung des Tierparks
gefunden. Als die DDR 1955 den als Gegenstück zum Westberliner
Zoologischen Garten neu eingerichteten Tierpark eröffnete, wurde
das Schloss in den Park einbezogen. Unter außerordentlichen
Anstrengungen der DDR-Denkmalpflege und unter großem persönlichen
Einsatz des Tierparkdirektors Prof. Heinrich Dathe wurde das nach
Jahrzehnten der Vernachlässigung bereits vollständig verrottete
Schloss buchstäblich wiedergeboren. Wertvolle Wandbespannungen
aus zerstörten Schlössern der Mark wurden in Friedrichsfelde
neu montiert. Nach einer grundlegenden Sanierung des Baus in den
Jahren 1970-1981 wurde das Schloss als Museum wiedereröffnet.
In den 1980er Jahren wurde das barocke Nordparterre mit seinen holländischen
Brücken und Kanälen wiederhergestellt. Das Museumskonzept wurde auch nach der Wende beibehalten, die Stiftung Stadtmuseum möblierte das Haus mit wertvollen Ausstattungsstücken und veranstaltete bis 2008 regelmäßig Konzerte im frühklassizistischen Festsaal. Leider konnte sich dieses Konzept aus Kostengründen nicht dauerhaft durchsetzen. Seit dem Abzug der Exponate des Stadtmuseums und der Übertragung des Schlosses an den Tierpark im Jahre 2009 werden die Konzerte und Veranstaltungen im Festsaal vom Freundeskreis Hauptstadtzoos unter Leitung von Thomas Ziolko durchgeführt. Anlässlich des 330-jährigen Schlossjubiläums wurde 2014 im Hendrik Bäßler Verlag Berlin die erste Gesamtdarstellung der Schlossgeschichte veröffentlicht. Im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten konnte 2015 auch der Familienfriedhof im Tierpark renoviert und mit einer neuen Wegeführung erschlossen werden.
|
|
Literatur:
Theodor Fontane: Friedrichsfelde, in:
Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Spreeland,
Eckardt v. Naso: Ich liebe das Leben, Hamburg 1953.
Hans
v. Rosen: Grocholin. Geschichte eines deutschen Guts in Posen, Lehr 1985.
Ernst Wipprecht: Schloss Friedrichsfelde - ein Schicksal zwischen Abriss
und Ausbau zum Museumsschloss, in: Jahrbuch Stiftung Stadtmuseum, Bd.
5, Berlin 1999, S. 178-294.
Klaus-Dieter Stefan (Hrsg.): Friedrichsfelde. Der Ort. Das Schloss. Die Geschichte. Mit Beiträgen von Ernst Wipprecht, Thomas Ziolko, Olaf Lange, Dr. Rüdiger v. Treskow und Klaus-Dieter Stefan. Berlin 2014.
|
|